Das Ich und sein Gegenüber: Spielarten des Anderen im monologischen Erzählen
Beschreibung
Silke Cathrin Zimmermann
Das Ich und sein Gegenüber: Spielarten des Anderen im monologischen Erzählen. Dargestellt an ausgewählten Beispielen der europäischen Erzählkunst des 20. Jahrhunderts
ISBN 978-3-88476-170-0, ISBN 3-88476-170-6, 186 S., kt., € 21,50 (1995)
(Horizonte - Studien zu Texten und Ideen der europäischen Moderne, Bd. 19)
Monologisches Erzählen ist selten so autoreflexiv und solipsistisch, wie es der Begriff auf den ersten Blick suggerieren mag. Vielmehr lebt das Ich des Textes in enger Wechselbeziehung zu seinem textuellen Gegenüber.
Da jedes Ich-Sagen im Horizont des Wissens um einen Anderen geschieht, ist die entsprechende Analyse der verschiedenen Funktionen des Gegenübers gerade mit Schwerpunkt auf die zeitgenössische Prosa interessant, nehmen doch fiktive Adressaten (narratees) und Leserfiguren unterschiedlichster Identität ein immer breiteres Spektrum an rhetorischen und poetischen Funktionen ein.
Im inneren Monolog, dem Ausgangspunkt dieser Studie, zerfällt mit der Ansprache an das Du die Ganzheit des Ich. In der Hinwendung an das Gegenüber spiegelt sich der Facettenreichtum der Persönlichkeit, begegnet das Ich seinem alter ego, stellen sich das Problem der Selbstanrede und die Frage nach der Rolle des Gegenübers im literarischen Kanon von Selbstverlust und Ich-Spaltung. Eine weitere traditionelle Domäne literarischer Ich-Du-Kommunikation ist das Tagebuch, dessen Grenzformen in dieser Untersuchung in besonderem Maße beleuchtet werden. Weiterhin nehmen hier jene Texte einen breiten Raum ein, die auf eine "residual orality" verweisen, auf jene kunstvoll verbrämte Mündlichkeit, die verschriftetem Erzählen in unterschiedlichem Maße zugrunde liegt. Ich und Du sind sprachliche "Werkzeuge", mit denen Autoren hantieren; sie sind Bestandteile einer sprachlichen Tradition, die beständig die Kooperation ihres virtuellen Lesers herausfordert. Ein Paradebeispiel für dieses Autorenprivileg ist die durchgängig in der zweiten Person geführte Erzählung, die in letzter Zeit gerade in der US-amerikanischen und kanadischen Literatur verstärkt Beachtung gefunden hat und daher einen weiteren Hauptpunkt der Analyse bildet.
Diese "Spielarten des Anderen im monologischen Erzählen" werden in der vorliegenden Abhandlung vorrangig an Werken des englischen Sprachbereichs, darüber hinaus jedoch auch an Beispielen aus anderen Kulturräumen illustriert.